Volkshilfe e.V. – Hilfe nur für „Landsleute“

Gastbeitrag – übernommen von LOTTA – antifaschistische Zeitung aus NRW

Hausaufgabenhilfe, Spendensammlungen, Familienausflüge. Die Aktivitäten des Vereins Volkshilfe e.V. wirken auf den ersten Blick bieder und harmlos, doch der Verein, dessen Motto „Wir helfen da, wo Politik aufhört“ lautet, wurde von organisierten Neonazis gegründet. Der Volkshilfe e.V. mit seiner oberflächlich karitativen Ausrichtung ist Teil einer rechten Graswurzelstrategie.

„Die Volkshilfe hat es sich zum Ziel gesetzt dem deutschen Volke das Zusammengehörigkeitsgefühl wieder beizubringen, welches es in der heutigen Ellenbogengesellschaft, leider verloren hat“, heißt es in einem Werbeflyer des Vereins. Man wolle dazu beitragen, die „Schere zwischen Arm und Reich in unserem Volke wieder enger zusammenzuführen.“ Diesem Zweck sollen beispielsweise „Tauschbörsen“, bei denen alte Kinderkleidung und Spielsachen angeboten werden, oder Spendensammlungen für Obdachlose dienen. Betont wird bei diesen relativ unverfänglich erscheinenden Aktionen, dass sie sich ausschließlich an „Landsleute“ richten. Die karitative Arbeit des Volkshilfe e.V. gründet sich auf Ausschluss und Ausgrenzung anhand völkisch-nationalistischer Kriterien – und ist damit nicht im eigentlichen Sinne sozial.

Dies gesteht der Erste Vorsitzende des Vereins, Achim Kemper, auch öffentlich ein. In einem Brief an den neurechten Publizisten Felix Menzel nennt er das inoffizielle Motto des Vereins: „Da hilft mir jemand, meines Deutschtums wegen“. Die Volkshilfe e.V. verzichtet bewusst auf vordergründige politische Forderungen und behauptet, sie wolle „sich aus der konventionellen Politik komplett heraushalten“. Stattdessen wolle man „die Gemeinschaft schaffen, die das Gegenteil der heutigen Gesellschaft ist.“ Zudem sei der „Großteil der Deutschen (…) heute über die pure Logik und politische Forderungen kaum noch zu erreichen“, so Kemper. Deshalb sollen Aktionen des Vereins die Türen öffnen, „die uns durch bloßes Reden verschlossen bleiben“.

Rechte Graswurzelstrategie

Die Tätigkeit des Volkshilfe e.V. muss also in den Zusammenhang einer rechten Graswurzelstrategie gestellt werden, bei der mittels (vermeintlich) sozialer Betätigung an der gesellschaftlichen Basis versucht wird, Kontakt zu Bevölkerungsteilen zu knüpfen, die sich von politischen Parteien oder Organisationen nicht angesprochen fühlen. Passend dazu wählte der Volkshilfe e.V. ein Logo, das jenen großer Wohlfahrtsverbände ähnelt. Auch werden bei Facebook keinerlei Links zu extrem rechten Parteien verbreitet, genauso wenig bewerben diese die Volkshilfe. Die Neonazis versuchen aber, ihre Deutungen gesellschaftlicher Probleme und ihre rassistischen Lösungen unterschwellig zu verbreiten. Dies lässt sich exemplarisch an den Spendensammlungen für deutsche Obdachlose zeigen. In den sozialen Netzwerken verbreiten extrem Rechte seit einiger Zeit die Behauptung, dass Deutsche auf der Straße leben müssten und ihnen die Unterstützung verweigert würde, während für Flüchtlinge große Anstrengungen unternommen würden. Die Volkshilfe e.V. verkündete zudem auf Facebook, dass sie „ein Jobangebot für geeignete Landsleute im Raum Osnabrück im sozialen Bereich“ vermitteln könnten, denn „Kein deutscher soll von Arbeitslosengeld leben müssen! (sic!)“.

Besonders innovativ ist das Konzept des Volkshilfe e.V. nicht. Auf Hausaufgabenhilfe und ALGII-Beratung setzte vor einigen Jahren bereits die NPD, die sich so als „soziale Kümmerin“ und „Anwältin der kleinen Leute“ gerieren wollte . Anders als bei der NPD werden die Aktivitäten der Volkshilfe nicht direkt als Propagandatätigkeit einer extrem rechten Organisation wahrgenommen. Zwar fristet der Verein noch ein Nischendasein, die Resonanz der Volkshilfe ist mit über 1.100 „Gefällt mir“-Angaben bei Facebook aber dennoch nicht gering, zumal sich dieser Zuspruch innerhalb der letzten zwei Monate mehr als verdoppelt hat. Zudem muss man sich vergegenwärtigen, dass der Verein weder professionelle Werbung macht, noch die öffentlichen Kanäle von Parteien wie „Die Rechte“ nutzt. Schwerpunkte der Volkshilfe-Aktivitäten sind bislang im Raum Osnabrück und in Hagen festzumachen.

Neonazis im Vorstand

Gegründet wurde die Volkshilfe, die über ein Postfach in Osnabrück verfügt, eigenen Angaben zufolge im Dezember 2014. Seit April 2015 ist der Verein beim Vereinsregister des Amtsgerichts Osnabrück eingetragen. Erster Vorsitzender ist der vormals in Münster wohnhafte Neonazi-Aktivist Achim Kemper, der sich in den Reihen der 2009 gegründeten „Nationalen Sozialisten Münster“ (NaSoMs) betätigte. Im März 2012 organisierte diese Neonazi-Kameradschaft einen Aufmarsch mit rund 300 Teilnehmenden in Münster, bei dem Kemper die Auftaktrede hielt. Nach dem Aufmarsch änderten die NaSoMs ihren Namen in „Netzwerk Münsterland“, um sich schließlich nach den Verboten dreier Neonazigruppen im August 2012 offiziell aufzulösen. Im Zuge der Verbotsmaßnahmen durchsuchte die Polizei auch die Münsteraner Wohnung Kempers, den die Polizei der verbotenen Kameradschaft Hamm als Mitglied zurechnete.

Ein nach den Kameradschaftsverboten gegründeter Bezirksverband Münsterland von „Die Rechte“ verschwand nach wenigen Monaten wieder von der Bildfläche. Kemper versucht mit seinem Verein nun eine andere Strategie zu beschreiten, die aber keineswegs in Konkurrenz zur Politik von „Die Rechte“ steht, sondern vielmehr als Ergänzung verstanden werden kann. Als er die „Konzeption der Volkshilfe ersann“, so Kemper in seinem Brief an Felix Menzel, da habe er „einen Ausweg aus der Sackgasse, in der sich meines Erachtens die deutschfreundlichen Kräfte befinden“, gesucht. Auch die anderen aus dem Raum Osnabrück stammenden Vorstandsmitglieder des Volkshilfe e.V. traten bis vor einigen Jahren noch im Stile der „Autonomen Nationalisten“ auf. Sie verfügten schon damals über gute Kontakte zu Neonazi-Gruppen aus dem Münsterland, unter anderem auch den NaSoMs. Die personelle Zusammensetzung des Vorstands offenbart den extrem rechten Charakter des Volkshilfe e.V..

Volkshilfe lädt zur „Weihnachtsfeier“

Derzeit bewirbt der Verein eine „große Weihnachtsfeier“, die am 21. November in den Räumen eines Kleingartenvereins in der Nähe des Osnabrücker Fußballstadions stattfinden soll. Vereinsmitglieder aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen werden erwartet. Dort soll in einem Vortrag auch Bilanz gezogen und über die „Herausforderungen für das nächste Jahr“ gesprochen werden.