Das Studierendenparlament (StuPa) der Uni Münster hat am 14. Mai einstimmig dafür gestimmt, dass der „Münsterer Burschenschaft Franconia“ der Status als Hochschulgruppe aberkannt werden soll. Selbst die „Liberale Hochschulgruppe“, in deren Reihen der „Francone“ Julian Benninghoff aktiv ist, stimmte für den Antrag. Das StuPa fordert damit das Rektorat auf, die extrem rechte Burschenschaft aus dem Matrikel zu entfernen. Die Fachschaft Politikwissenschaft hat zu diesem Zweck ein neues Dossier zur Burschenschaft veröffentlicht.
Vor etwas mehr als einem Monat wurden auf diesem Blog umfangreiche Recherchen über die Mitgliedschaft des Neonazis und Aktivisten der „Identitären Bewegung“, Robert Malcoci, veröffentlicht. Malcoci trat im Wintersemester 2017der Franconia bei, er ist allerdings kein Student der Universität Münster, sondern studiert Agrarwissenschaften an der Fachhochschule Südwestfalen in Soest. Die „Münsterer Burschenschaft Franconia“ reagierte auf unsere Veröffentlichung und die folgende Berichterstattung des Blog „Wiedertäufer“ mit einem langen Text, in dem sie den Journalisten diffamierten und die gesammelten Belege für Malcocis Betätigung in der extremen Rechten mit den Worten zurück weisen:
„Im ersten Teil, der von M. handelt, werden ihm üble Dinge vorgeworfen: komisches Aussehen, auf Fotos aufzutauchen, mit Kriminellen verwandt zu sein. Wir distanzieren uns an dieser Stelle klar von solchen Machenschaften. Wir versichern, daß von uns niemand komisch aussieht, auf Fotos auftaucht oder mit Kriminellen verwandt ist. Sollte sich Gegenteiliges herausstellen, werden wir zur Bewahrung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung Zwangsfrisierungen, Fotoverbrennungen und Ent-Verwandtungen durchführen“.
Deutlich macht die Burschenschaft, dass sie weder ein Problem mit den politischen Ansichten noch mit den Aktivitäten des Robert Malcoci hat. Die Tür nach rechtsaußen steht bei der „Franconia“ sperrangelweit offen. Auf Distanz zu extrem rechten Positionen wird man aber auch schon deshalb nicht gehen, weil man dies als Einknicken vor angeblichen linken „Diskursverboten“ versteht. Der Verweis auf die zu führende „akademische Debatte“ dient dann als Rechtfertigung dafür, dass auch Neonazis und Faschisten akzeptierter Teil der eigenen wie von befreundeten Burschenschaften sein dürfen.
Überhaupt ist es wenig hilfreich, die extrem rechten Verbindungen der „Franconia“ nur an der Person Robert Malcoci festzmachen. Bereits in dem letzten Text wurde ausgeführt, dass die Münsterer Burschenschaft ebenso wie ihr Dachverband, die „Deutsche Burschenschaft“, eine völkisch-nationalistische Ideologie vertreten. Auch ist es nicht so, dass nur Robert Malcoci über Kontakte zu Mitgliedern der neofaschistischen „Identitären Bewegung“ und zu anderen Neonazis verfügt. Dies soll im Folgenden dargelegt werrden am Beispiel des Burschenschaftlers Henning Witteborg (Foto oben: Mitte. Gut zu erkennen sind die zwei Bänder seiner beiden Bünde).
Witteborg, der zur Zeit in Münster studiert, ist ebenfalls seit dem vergangenen Wintersemester Mitglied der „Franconia“. Bereits vor drei Jahren trat er allerdings der „Bielefelder Burschenschaft Normannia Nibelungen“ bei, die sich, im Gegensatz zur „Franconia“, auch öffentlich zur ihrer Verankerung in der extremen Rechten bekennt. Bei ihrer „Ideenwerkstatt“ genannten Veranstaltung referieren jedes Jahr extrem rechte Publizisten und Aktivisten, in den letzten Jahren traten u.a. der extrem rechte Publizist Götz Kubischek, der russische Faschist Alexander Dugin, der Herausgeber des verschwörungstheoretischen „Compact“-Magazins, Jürgen Elsässer sowie der Anführer der österreicherischen „Identitären Bewegung“, Martin Sellner, auf. Auch Witteborg gibt sich öffentlich als Fan der „Identitären Bewegung“ und von Sellner zu erkennen. Zu Witteborgs Bielefelder Burschenschaft zählt auch Nils Sören Hartwig, der im März 2017 gegenüber der Bielefelder Lokalzeitung „Westfalen-Blatt“ als Aktivist der „Identitären Bewegung“ auftrat. Er nahm auch an größeren Aktionen der „Idenitären“ teil.
Der „Bielefelder Burschenschaft Normannia Nibelungen“ gehören zudem Alte Herren wie Heiko Urbanzyk und Hendrik Stiewe an, die seit Jahren in der Neonazi-Szene aktiv sind. Heiko Urbanzyk aus Werne an der Lippe zählte über Jahre zu den Machern des rassistischen Propaganda-Machwerks „Unabhängige Nachrichten“, publiziert in der „Jungen Freiheit“, dem extrem rechten Magazin „Zuerst“ und dem NPD nahem Heft „Umwelt & Aktiv“. Urbanzyek war in der NS-Black Metal-Szene aktiv, unter anderem als Herausgeber des Fanzines „Blutvergießen“ und „Iut de Asken“. Aktuell ist Urbanzyk als Rechtsanwalt in Coesfeld tätig. Eng in das Internationale Rechts-Rock Netzwerk eingebunden ist der Normanne Hendrik Stiewe. Er ist in der militanten Neonazi-Bruderschaft der „Hammerskins“ organisiert und betrieb viele Jahre das Rechtsrock-Label „Wewelsburg Records“, welches er mittlerweile an den ebenfals zu den „Hammerskins“ gehörenden Nils Budig übergeben hat.
Während die „Franconia“ auf Facebook große Töne spuckt und den Anschein erwecken will, als berühre sie die Enthüllungen über die Neonazi-Verbindungen kein bisschen, hat es, so wurde uns zugetragen, hinter verschlossenen Türen des Burschenhauses an der Himmelreichallee durchaus heftige Konflikte wegen des entstandenen Imageschades gegeben. Ob diese dazu führen werden, dass einzelne Burschenschafter sich zurückziehen, bleibt abzuwarten. Ebenfalls noch nicht absehbar ist, ob das Rektorat der Uni Münster der Aufforderung des StuPa nach Streichung der Franconia aus dem Matrikel nachkommen wird. An den StuPa-Beschluss ist die Uni-Leitung in keinster Weise gebunden. Ein politisches Zeichen geht von dem Beschluss aber dennoch aus. Es bleibt also zu hoffen, dass die „Burschenschaft Franconia“ nicht länger lediglich als anachronistisch anmutende Studentenverbindung wahrgenommen wird, sondern als das, was sie ist: Ein Knotenpunkt im Netzwerk der äußersten Rechten.