Die Verbindungen des Rechtsanwalts Heiko Urbanzyk in die extreme Rechte

„StrafverteidigA“ ließ Heiko Urbanzyk als Sponsor auf die Trikots einer Jugendmannschaft eines Coesfelder Sportvereins drucken. Damit geriet die politische Biografie des aus Werne an der Lippe stammenden und nun in Coesfeld als Rechtsanwalt tätigen Urbanzyk ins öffentliche Interesse. Urbanzyk war nicht lediglich in seiner Funktion als Rechtsanwalt mit der Verteidigung von Neonazis, etwa des verurteilten NSU-Helfer Ralf Wohlleben, beschäftigt, er verfügte selbst über enge Kontakte in die Szene, in der er ab den 1990er Jahren als Aktivist und Publizist in Erscheinung trat. Einige Aspekte dieser politischen Tätigkeit sind bereits öffentlich bekannt, etwa seine Autorenschaft für die NPD-nahe Zeitschrift „Umwelt & Aktiv“ oder seine Mitgliedschaft in einer der am weitesten rechts stehenden Burschenschaften, der „Burschenschaft Normannia Nibelungen“ in Bielefeld. Im Folgenden werden wir weitere Einblicke in seine langjährigen Aktivitäten geben.

Urbanzyk und die „Unabhängigen Nachrichten“

Heiko Urbanzyk mit „StrafverteidigA“-TShirt

Über viele Jahre war Urbanzyk für einen Verein tätig, der das rassistische Hetzblatt „Unabhängige Nachrichten“ (UN) herausgab. Laut Unterlagen des Vereinsregisters des Amtsgericht Duisburg (VR 41452) war er seit 1998 stellvertretender Vorsitzender des „Freundeskreis Unabhängige Nachrichten“. Sein Amt legte er erst im September 2015 nieder, just in dem Jahr, in dem er seine Zulassung als Rechtsanwalt erhielt.

Die 1969 gegründete Zeitung mit Sitz in Oberhausen erscheint mittlerweile im 54. Jahrgang. Bevor Social-Media-Plattformen die Verbreitung extrem rechter Propaganda erheblich erleichterten und beschleunigten, waren in großer Auflage verteilte Flugschriften wie die UN ein wichtiges Mittel zur Verbreitung extrem rechten Gedankenguts. Eine 2002 vom „Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung“ veröffentlichte Studie kam zu dem Fazit:

„In den ‚Unabhängigen Nachrichten‘ (UN) agitieren die Großväter die Enkel und Urenkel. Grundlage ist eine stramm völkische Ideologie. Daraus leiten sich Geschichtsfälschung, rassistische Ausländerfeindlichkeit und antisemitische Verschwörungsmythen ab.“ [1]

Offiziell an keine extrem rechte Organisation gebunden, wiesen Personal und Inhalte der UN eine deutliche Nähe zur NPD auf.

Urbanzyk und die NSU-Ermittlungen

Nachdem die Existenz der rechtsterroristischen Gruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) bekannt geworden war, stießen die Ermittler*innen des Bundeskriminalamtes auf eine Spur in Richtung ‚Unabhängige Nachrichten‘. Der NSU hatte im Jahr 2002 Briefe mit Geldsendungen an Projekte der extrem rechten Szene verschickt und darin auch das Akronym NSU in der Szene bekannt gemacht. Das Geld stammte vermutlich aus der Beute der zahlreichen Raubüberfälle, welche die Gruppe verübt hatte. Ein Empfänger, das Fanzine „Der Weisse Wolf“, druckte in einer Ausgabe eine Danksagung ab: „Vielen Dank an den NSU, es hat Früchte getragen 😉 Der Kampf geht weiter…“. Bei einem der Herausgeber stellte das BKA 2012 dann auch eine Kopie des NSU-Briefes sicher.

Auszug aus dem Schlussbericht des NSU-Untersuchungsausschuss NRW, S. 691

Aufgrund einer im ausgebrannten Versteck des NSU in Zwickau aufgefundenen Liste, auf der sich neben dem Fanzine „Der Weisse Wolf“ die Adressen weiterer Zeitungen und Organisationen befanden, ging das BKA davon aus, dass auch die „Unabhängigen Nachrichten“ vom NSU mit Brief und Geldspende bedacht wurden. Deshalb wurde auch Heiko Urbanzyk von den Ermittler*innen vernommen. Schließlich war er nach eigener Aussage mit der Beantwortung von Zuschriften tätig gewesen. An einen solchen Brief könne er sich aber nicht erinnern. Den NSU habe er nicht gekannt. Nachzulesen ist dieser Sachverhalt im Schlussbericht des NSU-Untersuchungsausschuss des Landtags NRW, in dem Urbanzyk als „H.U.“ bezeichnet wird [2].

Urbanzyk und der „National Socialist Black Metal“

Urbanzyk war nicht nur für die „Unabhängigen Nachrichten“ tätig, er war über Jahre auch Herausgeber eines Fanzines, das den äußersten rechten Rand des Black Metal – die Szene des „National Socialist Black Metal“ (NSBM) – bediente. Dieses Fanzine hieß zunächst „Blutvergießen“ und wurde später in „Iut de Asken“ umbenannt [3]. Die erste Ausgabe des „Blutvergießen“ erschien 1998. An das Magazin angeschlossen war einige Jahre auch ein Versand, der Tonträger von NSBM-Bands wie „Holocaustus“ oder „Der Stürmer“ vertrieb. Im Fanzine wurden auch Werbeanzeigen für extrem rechte Organisationen – darunter auch die „Unabhängigen Nachrichten“ – abgedruckt und Neonazi-Zeitschriften rezensiert [4]. Die sechste und letzte Ausgabe von „Iut de Asken“ erschien 2012.

Ausriss eines Artikels über „Iut de Asken“ aus Lotta #30

Die Fanzines von Urbanzyk verbanden thematisch extrem rechte Politik und Musik. In „Iut de Asken“ erschien etwa eine Artikelserie über Houston Steward Chamberlain, einen einflussreichen „Rassentheoretiker“ und Antisemiten, dessen Ideen großen Einfluss auf Hitler und die NSDAP hatten [5]. Auch viele der in den Fanzines vorgestellten Bands verbinden die Musik des Black Metal mit offen NS-verherrlichenden, rassistischen und antisemitischen Inhalten.

Und heute?

Heiko Urbanzyk hat viele Jahre lang an zentraler Stelle bei wichtigen Projekten mitgearbeitet, die die Verbreitung extrem rechten Gedankenguts zum Ziel hatten. Er war über viele Jahre in der extrem rechten Szene verwurzelt. Es ist nicht bekannt, dass er sich tatsächlich von der Szene und ihren Inhalten gelöst hat. Er hat nie einen Ausstieg vollzogen, sondern konzentriert sich seit 2015 vielmehr auf seine berufliche Tätigkeit als Rechtsanwalt. Dass er in der Neonazi-Szene nicht als „Aussteiger“ gilt, beweist auch sein Auftritt als Verteidigungsvertreter von Ralf Wohlleben im NSU-Prozess. Wohlleben hat sich ausschließlich von bekannten Szene-Anwälten vertreten lassen.

Der Coesfelder Sportverein hat also richtig gehandelt, als er von dem Sponsoring durch Urbanzyk umgehend zurückgetreten ist. Auch alle anderen sollten auf Distanz zu Urbanzyk gehen und ihm nicht ermöglichen, sich eine respektable bürgerliche Existenz aufzubauen. Soll er als Strafverteidiger doch weiter Neonazis vertreten. In deren Gesellschaft ist er gut aufgehoben.

Verweise

[1] Dietzsch,Martin/Kellershohn, Helmut/Schobert, Alfred: Jugend im Visier. Geschichte, Umfeld und Ausstrahlung der ‚UnabhängigenNachrichten‘, Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung, Duisburg 2002.
[2] Schlussbericht, Landtag NRW, Drucksache 16/14400, S. 690-691.
[3] „Hochglanz-Faschismus. Iut de Asken – Black-Metal-Fanzine im neuen Gewand“, in: Lotta #30, Frühjahr 2008, S. 32.
[4] Dornbusch, Martin/Killguss, Hans-Peter: Unheilige Allianzen. Black Metal zwischen Satanismus, Heidentum und Neonazismus. Hamburg/Münster 2015, S. 187-188.
[5] Redebeitrag, gehalten auf einer Aktion gegen die „Normannia Nibelungen“, http://www.hiergeblieben.de/pages/textanzeige.php?limit=50&order=datum&richtung=DESC&z=1&id=33751