An den städtischen Feierlichkeiten zum Volkstrauertag haben sich auch im diesen Jahr wieder Burschenschaften beteiligt. Abordnungen der „Münsteraner Burschenschaft Franconia“ und der „Burschenschaft der Pflüger Halle zu Münster“ traten im Ratshausinnenhof in „vollem Wix“ – mit Säbel, Uniform und Fahne – auf. Die Anwesenheit der völkisch-nationalistisch und revanchistisch ausgerichteten Burschenschaften konterkariert das vorgebliche Ziel der Veranstaltung, an die Opfer der Kriege zu erinnern und zum Frieden zu mahnen.
So forderte etwa der Direktor des LWL dazu auf, Zivilcourage bei „fremdenfeindlichen Parolen“ zu zeigen und warnte vor der Bedrohung für den Frieden, welcher der Nationalismus darstellt, während nationalistische Burschenschaften, die Neonazis in ihren Reihen dulden und enge Verbindungen zur AfD pflegen, an der Veranstaltung teilnehmen konnten.
Pflüger und Franconen gemeinsam am „Dreizehner“-Denkmal
Dass die Burschenschaften nicht den Frieden im Sinne haben, zeigte sich wenig später, als Pflüger und Franconen einträchtig zum Denkmal für das 13. Infanterieregiment auf der Promenade marschierten. Dort versammelten sich die „Burschen“ und hielten ihre eigene Gedenkveranstaltung ab. Das unweit des Burschenhauses der Franconia befindliche „Dreizehner“-Denkmal ist Sinnbild für den deutschen Revanchismus. Errichtet im Jahr 1925 soll es nicht bloß an die Toten des in Münster stationierten Regiments erinnern, sondern verkörpert in seiner Bildsprache den Aufruf, sich für den verlorenen Weltkrieg zu rächen. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die Inschrift um die Parole „Ehre der Toten der beiden Weltkriege“ ergänzt. Fortan ehrt das militaristische Denkmal auch das 79. Artillerie-Regiment der Wehrmacht.
Viele Jahrzehnte fand die offizielle Gedenkveranstaltung zum Volkstrauertag am „Dreizehner“-Denkmal statt. Neben Vertreter*innen der Stadt, der Bundeswehr und diversen ausländischen Armeen beteiligten sich stets auch die Burschenschaften, die eine „Ehrenformation“ am Denkmal bildeten und einen Kranz ablegten. 2016 entschlossen sich die Organisatoren des Volkstrauertagsfeierlichkeit endlich von dieser unseligen Tradition Abstand zu nehmen und verlegten die Veranstaltung in den Rathausinnenhof.
Den Burschenschaften wurde bislang nicht untersagt, sich im „vollen Wix“ zu beteiligen. Sie nehmen seitdem sowohl an der offiziellen Feierlichkeit teil – sicherlich um zu demonstrieren, dass sie ein akzeptierter Teil der Stadtgesellschaft sind – und ziehen im Anschluss an das „Dreizehner“-Denkmal, um hier dem militaristischen Gedenken an die „gefallenen Helden“ zu frönen. In diesem Jahr patrouillierten „Burschen“ am Vorabend sogar auf der Promenade vor dem Denkmal, wohl mit dem Ziel ein alternatives und kritisches Gedenken an diesem Ort im Rahmen des Volkstrauertages zu verhindern.